Wird ein Testamentsentwurf nicht umgesetzt – etwa, weil der Erblasser vor fest beabsichtigter handschriftlicher Abschrift plötzlich verstirbt – bleibt es bei der Gültigkeit des Ausgangstestamentes.
Nicht selten kommt es vor, dass nach dem Verfassen eines Testamentes sich die Umstände ändern und auch der letzte Wille angepasst werden soll. Dann gilt es rasch und eindeutig zu handeln. Denn das OLG Hamburg hat in einem Beschluss vom 30.01.2020 (Aktenzeichen 2 W 85/19) klargestellt, dass auch ein nach dem Tod aufgefundener (z.B. maschinenschriftlicher) Testamentsentwurf – und sei er noch so plausibel und auch mit Zeugen durchgesprochen worden – das frühere Testament gerade nicht zu ändern vermag.
Die Erblasserin setzte in einem Testament im Jahr 2010 ihren Sohn zum befreiten Vorerben und eine Stiftung für Menschen mit Behinderung zur Nacherbin ein. Sodann verstarb der Vorerbe, und die Erblasserin fertigte einen neuen Testamentsentwurf an. Diesen sprach sie mit einer Anwältin durch und äußerte auch gegenüber Dritten, dass sie der Stiftung nichts mehr zukommen lassen wollte. Bevor sie ein formgültiges neues Testament errichten konnte, verstarb auch sie. Zwei gesetzliche Erben beantragten vergeblich einen Erbschein zu ihren Gunsten. Maßgeblich zur Ermittlung des Erblasserwillens – so das Gericht – sei der Zeitpunkt der Errichtung des Testaments. Im Testament fänden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass im Falle des Vorversterbens des Vorerben die gesetzliche Erbfolge eintreten solle. Der bei der Erblasserin eingetretene Sinneswandel hinsichtlich ihrer künftigen (gesetzlichen) Erbfolge möge zwar durch den Entwurf zum Ausdruck kommen. Ohne ausdrücklichen Widerruf oder neues Testament bleibe es aber bei der gesetzlichen Zweifelsregel gem. § 2102 BGB, wonach bei Vorversterben des Vorerben der Nacherbe Ersatzerbe werde.
Ohne ausdrücklichen Widerruf oder neues Testament bleiben frühere Testamente wirk-sam, selbst wenn nachgewiesen werden kann, dass der Erblasser eigentlich anders wollte. Wer ändern will, der ändere!