Rechtsanwalt Dr. Achim Nolte

Dr. Achim Nolte

  • Rechtsanwalt
  • Fachanwalt für Erbrecht
  • zert. Testaments-
    vollstrecker (AGT)
  • zert. Mediator

Wir alle werden immer älter. Daher kommt es in gerichtlichen Nachlassstreitigkeiten immer häufiger vor, dass behauptet wird, der*die Erblasser*in sei testierunfähig oder von Testamentserbenden beeinflusst worden.

Die Testierfähigkeit
Unser Recht macht keine Vorgaben dazu, wann jemand testierfähig ist, sondern nur wann man diese Fähigkeit nicht (mehr) hat. Minderjährige können zwar ab dem 16. Lebensjahr ein Testament errichten, müssen dazu allerdings zum Notar gehen. Gem. § 2229 BGB kann ein Testament nicht errichten, wer „wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen nach dieser Einsicht zu handeln“. Mit anderen Worten: Testierfähigkeit setzt voraus, dass man im Zeitpunkt der Errichtung seines Testamentes selbstbestimmt handeln und eigenverantwortlich Entscheidung treffen kann.

Feststellung der Testierfähigkeit
In einem Erbscheinverfahren reicht nicht, einfach zu behaupten, der*die Erblasser*in sei nicht mehr testierfähig gewesen. Ohne konkrete Anhaltspunkte muss das Nachlassgericht diesem Einwand nicht nachgehen.
Die Feststellung der Testierunfähigkeit erfolgt regelmäßig in drei Schritten: Zunächst muss ermittelt werden, ob auffällige Verhaltensweisen des*der Testierenden vorlagen. Zweitens erfolgt die medizinische Einordnung dieser Verhaltensweisen zur Feststellung einer vorliegenden Erkrankung (Diagnose). Drittens muss ein fachärztliches Gutachten die Auswirkungen der medizinischen Befunde auf die Testierfähigkeit des Erblassers im konkreten Fall ermitteln: D.h. eine Diagnosestellung an sich reicht (noch) nicht aus. Es muss im konkreten Fall noch festgestellt werden, ob aufgrund der Diagnose selbstbestimmtes Handeln ausgeschlossen war bzw. andere (profitierende) Personen durch „Willensbeherrschung“ eine eigenverantwortliche Entscheidung unmöglich gemacht haben.

Um späteren Streit auszuschließen, bietet es sich u.U. an, bereits zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung eine schriftliche fachärztliche Stellungnahme einzuholen und dem Testament beizufügen.