Rechtsanwalt Dr. Achim Nolte

Dr. Achim Nolte

  • Rechtsanwalt
  • Fachanwalt für Erbrecht
  • zert. Testaments-
    vollstrecker (AGT)
  • zert. Mediator

Wenn Eltern von minderjährigen Kindern eine Erbschaft ausschlagen, stellt sich immer die Frage, ob das Familiengericht eine solche Ausschlagung genehmigen muss oder nicht.

Eltern brauchen zur wirksamen Erbausschlagung für ihre Kinder grundsätzlich die Genehmigung des Familiengerichts; allerdings mit einer wichtigen Ausnahme: Tritt der Anfall der Erbschaft beim Kind erst infolge der Ausschlagung des Elternteils selbst ein (wenn also das Elternteil durch seine Ausschlagung das Kind an seine Stelle aufrücken lässt), braucht es keine familiengerichtliche Genehmigung (§ 1643 III BGB). Klassischerweise ist das stets bei überschuldeten Nachlässen der Fall. Denn: Wenn schon der/die zunächst Erbende der Ansicht ist, wg. der Überschuldung nichts mit dem Erbe zu tun haben zu wollen, gilt das erst recht für ein minderjähriges Kind.

Fraglich war nun aber lange, ob dies auch bei werthaltigen Nachlässen gilt. Der BGH hatte am 04.09.2024 (Az. IV ZB 37/23) folgenden Fall zu entscheiden: Die Erblasserin hinterließ nicht nur Mann, Sohn und Tochter sondern überdies auch noch über 1,2 Mio Euro. Diese sollte der Ehemann durch Testament alleine erben. Die Kinder waren als Ersatzerben vorgesehen. Der Sohn erwartete ebenfalls schon Nachwuchs. Um hohe Erbschaftssteuern zu sparen, schlugen der Witwer und die beiden Kinder (der Sohn auch für seinen noch Ungeborenes) das Erbe aus. Ziel sollte der Eintritt der gesetzlichen Erbfolge sein, um auch die Steuerfreibeträge der Kinder nutzen zu können. Das Nachlassgericht wies den Sohn an, eine familiengerichtliche Entscheidung einzuholen. Das Familiengericht verweigerte die Genehmigung für das Ungeborene, weil die Ausschlagung des Vaters es ja „reich“ gemacht hätte. Auch das OLG bestätigte zunächst diese Ansicht. Erst der BGH stellte in der genannten Entscheidung klar, dass es u.a. aufgrund des eindeutigen Wortlautes des § 1643 BGB gar nicht auf den Wert des Nachlasses ankomme und es daher keiner Beteiligung des Familiengerichts bedürfe.

Bei sog. „lenkenden Ausschlagungen“, insb. wenn Minderjährige vorhanden sind, sollte vor Erklärung der Ausschlagung in jedem Fall Rechtsrat eingeholt werden.