Johann Steudle
- Rechtsanwalt
Neuere Gerichtsentscheidungen verdeutlichen Möglichkeiten und Grenzen, sich auf nicht mehr unauffindbare Testamente zu berufen. Ein Nachweis durch Zeugen ist in der Praxis schwierig zu führen. Die Kopie eines verloren gegangenen Testaments kann jedoch zum Nachweis ausreichen.
Kann ein handschriftliches Testament vorgelegt werden, ist in der Regel im Rahmen eines Erbscheinverfahrens schnell geklärt, welche Anordnungen der Erblasser treffen wollte. Es kommt allerdings vor, dass sich mutmaßliche Erben auf angebliche, nicht mehr auffindbare privatschriftliche Testamente berufen.
Kann nicht immerhin eine Kopie vorgelegt werden, könnte die formgültige Errichtung eines Testaments prinzipiell auch durch einen Zeugen bewiesen werden. In einem vom OLG Hamburg entschiedenen Fall (Az. 2 W 49/16 vom 17.08.2016) konnte sich eine Zeugin allerdings nur „sinngemäß“ daran erinnern, ihr Sohn sei dort als Alleinerbe eingesetzt worden. Dies genügte dem Gericht nicht. Da die Zeugin den Gesamtinhalt des Testaments nicht wiedergeben konnte, blieben Zweifel daran, ob die von der Zeugin erinnerte Verfügung nicht wegen anderer Anordnungen im Testament anders hätte ausgelegt werden können. Insgesamt seien strenge Anforderungen an den Nachweis durch Zeugenaussagen zu stellen.
In einem vom OLG Köln behandelten Fall lag die Kopie eines früheren Testaments vor. Der Beschluss vom 02.12.2016 (Az. 2 Wx 550/16) stellt klar, dass bei Unauffindbarkeit des Originals ohne weitere Anhaltspunkte keine generelle Vermutung dafür besteht, dass der Erblasser das Testament vernichtet und damit widerrufen hat.
Wird von Beteiligten eine Verfügung in einem nicht mehr auffindbaren Testament behauptet, stellen die Gerichte hohe Anforderungen an die Beweise. Professionelle fachanwaltliche Unterstützung ist in solchen Fällen empfehlenswert.