Ab dem 13. Juni muss mit einer erneuten Welle von Abmahnungen und darauf folgenden Klageverfahren gerechnet werden, da an diesem Tag das sog. Gesetz zur Umsetzung der EU-Verbraucherrechterichtlinie (VRRL-UmsG) in Kraft tritt. Der Einzelhandel und insbesondere der Online-Handel müssen nach den neuen gesetzlichen Regelungen verschiedene neue Informationspflichten und Vorgaben bei der Abwicklung von Verträgen mit Verbrauchern beachten. Fehlende oder unzutreffende Informationen ebenso wie abweichende Geschäftsbedingungen können für Gegenmaßnahmen wie kostenpflichtige Abmahnungen missbraucht werden. Da zudem das Risiko von Rückabwicklungen von Verträgen durch Verbraucher besteht, sollten Unternehmer die neuen gesetzlichen Regelungen fristgemäß umsetzen.
Nachfolgend sollen die wichtigsten Neuregelungen skizziert werden:
Allgemeine Regelungen:
- Ausnahmeregelungen und gestaffelter Anwendungsbereich: Das Gesetz nennt zahlreiche Branchen, auf die die genannten gesetzlichen Regelungen nur teilweise Anwendung finden. Neben Immobilienverträgen und Beförderungsverträge sind dies u.a. auch Behandlungsverträge und Pauschalreisen, sowie außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, bei denen die Leistung bei Abschluss der Verhandlungen sofort erbracht und bezahlt wird und das vom Verbraucher zu zahlende Entgelt 40 Euro nicht überschreitet. Auch wurden neue Ausnahmetatbestände des Widerrufsrecht geschaffen – so besteht das Widerrufsrecht beispielsweise nicht bei Verträgen zur Lieferung versiegelter Waren, die aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder der Hygiene nicht zur Rückgabe geeignet sind, wenn ihre Versiegelung nach der Lieferung entfernt wurde.
- Informationspflichten für allgemeine Verbraucherverträge: In § 312 a Abs.2 BGB ist ein acht Punkte umfassender Katalog von allgemeinen vorvertraglichen Informationspflichten neu aufgenommen, der für alle mit Verbrauchern geschlossenen kostenpflichtigen Verträgen gilt, wenn keine spezielleren Pflichten wie z.B. bei Fernabsatzverträgen Vorrang haben.
- Vorvertragliche Informationspflichten: Auch bei Fernabsatzgeschäften wurde der ohnehin umfangreiche Katalog der Informationspflichten erweitert. So sind dem Verbraucher ab dem 13.06.2014 z.B. Angaben zu gesetzlichen Mängelhaftungsrechten bei Waren, zu Garantien und Kundendienstleistungen, zur Funktionsweise digitaler Inhalte sowie zu wesentlichen Beschränkungen der Interoperabilität und Kompatibilität digitaler Inhalte mit Hard- und Software und zu außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren zur Verfügung zu stellen.
- Abschriften und Bestätigungen: Nach § 312 f BGB müssen nun Abschriften der Vertragsurkunde bzw. Bestätigung des Vertragsinhalts nach genaueren Vorgaben zur Verfügung gestellt werden.
- Regelungen über Zusatzentgelte: Neu sind Regelungen wonach ein Unternehmer ausdrückliche Vereinbarungen treffen muss, wenn er neben dem Entgelt für die Hauptleistung noch ein weiteres Entgelt für andere Leistungen verlangen möchte. Außerdem sind Vereinbarung über Zusatzkosten für die Nutzung eines bestimmten Zahlungsmittels unwirksam, wenn dem Verbraucher ansonsten keine gängige und zumutbare unentgeltliche Zahlungsmöglichkeit zur Verfügung steht oder das vereinbarte Entgelt über die Kosten hinausgeht, die dem Unternehmer durch die Nutzung des Zahlungsmittels entstehen.
Vorsicht ist auch bei der Verwendung von kostenpflichtigen Kundenhotlines geboten: eine Vereinbarung über die Zahlung von Entgelt für Kundenhotlines ist zukünftig unwirksam, wenn die vereinbarten Kosten die Kosten für die bloße Nutzung des Telekommunikationsdienstes übersteigen.
Auch Fracht-, Liefer- oder Versandkosten und sonstige Kosten können Unternehmer von Verbrauchern nur noch verlangen, wenn der Verbraucher vor Abgabe seiner Willenserklärung darüber informiert wurde. - Neuer Verbraucherbegriff: Ferner wurde der Begriff des Verbrauchers neu gefasst, so dass der Kunde zukünftig auch dann als Verbraucher handelt, wenn die bestellte Ware überwiegend weder seiner gewerblichen noch seiner selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann – also wenn der gewerbliche Zweck des Vertrages in der Gesamtschau nicht überwiegt.
Was ändert sich für Unternehmer speziell beim Widerrufsrecht?
Speziell im Widerrufsrecht gibt es für Unternehmer einige neue Regelungen, die Erleichterungen bringen sollen.
- Einheitliche und begrenzte Widerrufsfrist: Zunächst ist dabei die einheitliche Widerrufsfrist zu nennen, die ab dem 13.06.2014 nunmehr generell 14 Tage betragen wird.
Neu ist zudem, dass das Widerrufsrecht auch bei fehlerhafter Belehrung durch den Unternehmer spätestens nach Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist zzgl. 12 Monate nach Fristbeginn erlischt. - Widerrufserklärung: Während es bisher ausreichend ist, dass der Verbraucher den Widerruf durch rechtzeitige Rücksendung der Ware erklärt, ist dieser nun gehalten, eine eindeutige Widerrufserklärung abzugeben. Dies soll die für Unternehmer bisher bestehende Unsicherheit darüber, weshalb die Ware nun zurückgesandt wird, beseitigen.
Unternehmer können nach wie vor mit Verbrauchern vereinbaren, dass die rechtzeitige Rücksendung der Ware für einen wirksamen Widerruf ausreicht.
- Verzicht auf Textform: Neu wird auch sein, dass die Verbraucher ihren Widerruf nicht wie bisher in Textform erklären müssen, sondern auch telefonisch von ihrem Widerrufsrecht Gebrauch machen können.
- Muster-Widerrufsformular: Ebenfalls neu ist auch die Pflicht der Unternehmer, dem Verbraucher für seinen Widerruf ein Muster-Widerrufsformular zur Verfügung stellen zu müssen.
- Rücksendekosten: Eine Erleichterung bringt dagegen die neue Regelung mit sich, die nach dem wirksamen Widerruf grundsätzlich dem Verbraucher die Kosten der Rücksendung auferlegt, wenn der Unternehmer den Verbraucher entsprechend darüber informiert hat. Dies ist bisher nur möglich, wenn die gelieferte Ware der bestellten entspricht und der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40 Euro nicht übersteigt oder wenn der Verbraucher bei einem höheren Preis der Sache zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht die Gegenleistung oder eine vertraglich vereinbarte Teilzahlung erbracht hat und der Verbraucher hierüber belehrt wurde und eine entsprechende Vereinbarung mit ihm getroffen wurde.
Unternehmern ist es nach wie vor möglich die Übernahme die Rücksendung oder der Rücksendekosten anzubieten – in diesem Fall kann sich der Unternehmer jedoch nicht mehr auf die neue Regelung berufen.
Neu ist auch, dass der Verbraucher gehalten ist, die Rücksendung von nicht-paketfähigen Waren selbst zu organisieren und die Kosten zu tragen. Schwierigkeiten bereitet jedoch die Verpflichtung des Unternehmers, den Verbraucher bereits in der Widerrufsbelehrung über die Höhe der Rücksendekosten informieren zu müssen.
- Hinsendekosten: Eine für Unternehmer positive Neuerung ist auch die Regelung bezüglich der Hinsendekosten. Bislang sind Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher nach einem wirksamen Widerruf die Hinsendekosten zu erstatten. Dies gilt selbst dann, wenn der Verbraucher eine teure Expresslieferung gewählt hat. Dies ändert sich nun zum 13.06.2014, so dass dem Verbraucher zukünftig die Kosten der Hinsendung, die über die der günstigsten Standardlieferung hinausgehen, nicht mehr zu erstatten sind.
- Wertersatz: Eine für den Unternehmer eher nachteilige Veränderung ist die neue Regelung zum Wertersatz, da diese dem Unternehmer Wertersatz nur noch dann zubilligt, wenn es zu einem Wertverlust der Ware kommt, der auf einen Umgang mit der Ware zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendig war. Außerdem muss der Verbraucher auf diese Folge hingewiesen werden. Diese neue Regelung könnte zur Folge haben, dass der Verbraucher die Ware während der Widerrufsfrist für sich nutzt, jedoch keinen Wertersatz für diesen Nutzen zahlen muss, wenn damit kein Wertverlust einhergeht.
- Rückabwicklung: Neu ist auch die strengere Regelung zur Rückabwicklung. Künftig müssen die empfangenen Leistungen spätestens nach 14 Tagen ab Zugang des Widerrufs zurückgewährt werden. Zu beachten ist dabei, dass der Unternehmer dasselbe Zahlungsmittel verwenden muss, das der Verbraucher bei der Zahlung verwendet hat.
Das Gesetz sieht ausdrücklich die Möglichkeit vor von dieser Regelung abzuweichen. Hierbei dürfen dem Verbraucher aber keine zusätzliche Kosten entstehen und es muss eine ausdrückliche Vereinbarung getroffen werden.
- Zurückbehaltungsrecht des Unternehmers: Neu und positiv für Unternehmer ist, dass diesen nun grundsätzlich an dem vom Verbraucher gezahlten Kaufpreis ein Zurückbehaltungsrecht zusteht, bis der Verbraucher nachweist, dass er die Ware verschickt hat.
- Wegfall des gesetzlichen Rückgaberechts: Zukünftig wird es zudem nur noch ein Widerrufsrecht geben – das Rückgaberecht wird ersatzlos gestrichen.
Was ändert sich für Verbraucher speziell beim Widerrufsrecht?
Einige der speziell im Widerrufsrecht geschaffenen Regelungen führen auch zu Änderungen die künftig von Verbrauchern zu beachten sind:
- Eindeutige Erklärung notwendig: Während es bei aktueller Rechtslage für den Widerruf genügt, die bestellte Ware kommentarlos rechtzeitig an den Unternehmer zurückzusenden, muss der Widerruf künftig ausdrücklich erklärt werden. Eine Ausnahme gilt dann, wenn der Unternehmer mit dem Verbraucher vereinbart, dass auch die rechtzeitige Rücksendung der Waren genügt.
- Keine Textform mehr: Neu ist zudem, dass der Widerruf an keine Form mehr gebunden ist – er kann somit auch telefonisch erklärt werden.
Auch wenn der Widerruf künftig telefonisch erklärt werden kann, sollte besser auf die Textform zurückgegriffen werden, damit im Zweifelsfall ein rechtzeitiger Widerruf bewiesen werden kann.
- Rücksendekosten: Bislang hat der Verbraucher die Rücksendekosten nur dann zu tragen, wenn die gelieferte Ware der bestellten entspricht und wenn der Preis der zurückzusendenden Sache einen Betrag von 40 Euro nicht übersteigt oder wenn der Verbraucher bei einem höheren Preis der Sache zum Zeitpunkt des Widerrufs noch nicht die Gegenleistung oder eine vertraglich vereinbarte Teilzahlung erbracht hat. Zusätzlich muss der Unternehmer den Verbraucher über diese Folgen in der Widerrufsbelehrung belehren und mit ihm eine entsprechende Vereinbarung treffen. Soweit es sich um Ware handelt, die nicht per Paket versendet werden kann, muss der Unternehmer diese Ware beim Verbraucher abholen.
Ab dem 13.06.2014 wird hiervon abgewichen, so dass grundsätzlich der Verbraucher die Kosten der Rücksendung zu tragen hat, soweit der Verbraucher durch den Unternehmer hierüber aufgeklärt wurde und dieser nicht angeboten hat, die Rücksendung durchzuführen oder die Rücksendekosten zu übernehmen.Da diese neue Regelung auch für nicht-paketversandfähige Ware gilt sollte bereits vor der Bestellung abgeklärt werden, ob die Rücksendekosten durch den Unternehmer übernommen werden, um keine unangenehme Überraschung zu erleben.
- Rücksendezeit: Zukünftig sieht das Gesetz auch eine Rücksendezeit vor, nach der die empfangenen Leistungen spätestens nach 14 Tagen zurückgewährt werden müssen. Dies soll eine schnellere Abwicklung des Widerrufs ermöglichen.
- Wertersatz: Neu ist auch, dass der Verbraucher künftig nur dann Wertersatz zu leisten hat, wenn es zu einem Wertverlust der Ware kommt, der auf einen Umgang mit der Ware zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendig war. Die Wertersatzpflicht tritt allerdings lediglich dann ein, wenn der Verbraucher über diese Folge im Rahmen der Widerrufsbelehrung informiert wurde.
- Hinsendekosten: Auch hinsichtlich der Hinsendekosten gibt es zukünftig Änderungen: Bislang ist der Unternehmer verpflichtet, dem Verbraucher bei einem wirksamen Widerruf die Kosten der Hinsendung zu erstatten. Dies gilt auch dann, wenn der Verbraucher die deutliche teure Expressversandart wählt, um die Ware zu möglichst schnell zu erhalten. Neu wird nun sein, dass der Unternehmer lediglich noch die Kosten zurückerstatten muss, die bei der von ihm angebotenen günstigsten Versandart anfällt bzw. angefallen wäre. Wählt der Verbraucher also die teure Expressversandart, so muss er künftig auch bei einem wirksamen Widerruf die Mehrkosten hierfür tragen.
Besondere Schwierigkeiten in der Umsetzung?
- Als besonderer Umstand ist bei der Umsetzung der neuen Gesetzeslage zu berücksichtigen, dass es keine Übergangsfrist gibt, wie es bei anderen Änderungen üblich war. Das bedeutet, dass die Umstellung pünktlich zum 13.06.2014 erfolgt sein muss.
- Hinsichtlich der Anpassung der Muster-Widerrufsbelehrung kann die Information zum Fristbeginn Probleme bereiten, da die neue Muster-Widerrufsbelehrung zwar mehrere Variationen an Textbausteinen für den Fristbeginn vorsieht, jedoch angibt, dass nur eine Variante verwendet werden soll. Dies dürfte aber in vielen Fällen die tatsächlichen Gegebenheiten bei den Unternehmern nicht korrekt wiedergeben.
- Schwierigkeiten kann auch die Verpflichtung der Unternehmer mit sich bringen, die Verbraucher bei nicht-paketversandfähiger Ware in der Widerrufsbelehrung über die Höhe der anfallenden Kosten zu informieren, da diese meist individuell berechnet werden müssen.
Eine Muster-Widerrufsbelehrung wird vom Gesetzgeber vorgegeben und zur Verfügung gestellt. Sollten Unternehmer diesbezüglich jedoch Ergänzungen vornehmen wollen, die nicht vom Gesetzgeber vorgesehen sind, empfiehlt es sich, diese außerhalb der Muster-Widerrufserklärung aufzunehmen.
Konsequenzen bei Nichtbeachtung der gesetzlichen Neuregelung
Für Unternehmen ist eine Umsetzung der Neuregelungen bis zum 13. Juni notwendig, um nicht wegen Verstoßes gegen § 4 Nr. 11 UWG kostenpflichtige Abmahnungen zu riskieren. Für Unternehmen bleibt daher nur die Konsequenz, sämtliche vertragliche Regelungen und (Allgemeine) Geschäftsbedingungen sowie die Widerrufsbelehrung und die Informationen für Verbrauch zu überprüfen und an die neue Rechtslage anzupassen. Insbesondere bei Online-Shops muss gewährleistet sein, dass die umfassenden Neuerungen durch Anpassung der Shop-Umgebung umgesetzt werden.