„Alle Rechte vorbehalten“ – dieser Grundsatz gilt im Urheberrecht. Wer fremde Fotos, Texte oder Musik zum Beispiel auf einer Webseite öffentlich zugänglich machen will (§ 19a UrhG), benötigt eine Lizenz vom Urheber. Der Rechtevorbehalt ist der gesetzliche Grundsatz, der nicht zuletzt die wirtschaftlichen Verwertungsmöglichkeiten von Urhebern schützt. Dieser Grundsatz kann aus Urhebersicht aber auch hinderlich sein. Denn manchmal besteht ein größeres Interesse an der freien Verbreitung von Werken – um sich einen Namen zu machen etwa, oder aus altruistischen Motiven. Lizenzeinnahmen stehen dann im Hintergrund.

Diese Motivlage allerdings ist dem Gesetzesrecht im Ausgangspunkt eher fremd: Es geht von einem generellen Bedürfnis nach Ausschließlichkeitsrechten aus und sieht nicht vor, dass eine einzelne Person einem unbestimmten Personenkreis Lizenzen einräumt.

Eine solche Möglichkeit bieten vorgefertigte Lizenzverträge: Seit über zehn Jahren sind Creative Commons (CC)-Lizenzen für viele das Mittel der Wahl. Mit ihnen lizenzieren Urheber Dritten ihre Inhalte – vor allem im Internet – unentgeltlich, einfach und schnell. Die Bedingungen werden nicht einzeln ausgehandelt, sondern sind durch einen einfachen Hinweis auf der Webseite vorgegeben: Je nach Lizenzmodul muss etwa der Name des Urhebers genannt werden (CC-BY), sind Bearbeitungen ausgeschlossen (CC-ND) oder die kommerzielle Nutzung verboten (CC-NC).

Für viele Kreative sind Creative Commons eine interessante und sinnvolle Option. Es kann aber durchaus schwierig sein, die Reichweite der einzelnen Lizenzmodule zu bestimmen.

Über CC-Lizenzen wird seit einigen Jahren auch vor Gericht gestritten. Denn obwohl das per CC eingeräumte Nutzungsrecht vergütungsfrei ist, sind Lizenzverstöße unterlassungs- und schadensersatzpflichtig.

Doch wie hoch bewertet ein Gericht den Schaden bei einem Verstoß, wenn doch die lizenzkonforme Nutzung kostenlos ist? Mit dieser Frage beschäftigte sich kürzlich das OLG Köln. Der beklagte Nutzer hatte ein Foto, das der Kläger angefertigt hatte, auf seiner Webseite verwendet. Hierbei benannte er aber den Urheber nicht – ein Verstoß gegen die CC-BY-Lizenz. Der Kläger forderte als Schadensersatz ein branchenübliches Honorar im Wege der Lizenzanalogie. Danach kann derjenige Betrag verlangt werden, den die Parteien vereinbart hätten, hätten sie sich auf die konkrete Nutzung geeinigt (hier: Foto ohne Namensnennung).

Das OLG bejahte zwar den Unterlassungsanspruch, sah aber keinen Schaden: Nach Ansicht des Gerichts ist bei kostenloser Zurverfügungstellung eines Werkes nicht erkennbar, welchen wirtschaftlichen Sinn daneben eine entgeltliche Lizenzierung haben kann: Der „objektive Wert der Nutzung“ liege in solchen Fällen „bei null“, so das OLG. Das gelte auch für die unterlassene Namensnennung im konkreten Fall. Für sie sei kein wirtschaftlicher Wert ersichtlich (Beschl. v. 29.06.2016, Az. 14 O 336/15; vgl. bereits OLG Köln, Beschl. vom 31.10.2014, Az. 6 U 60/14).

Gleichwohl sind berechtigte Abmahnungen wegen eines Verstoßes gegen CC-Lizenzen kostenpflichtig – auch beim „Nutzungswert null“. Ist zudem die kommerzielle Verwertung verboten (CC-NC), wird die Nutzung auch geldwert sein.

Werke, die unter Creative Commons stehen, sind also keineswegs „rechtefrei“.