Rechtsanwalt Patrick Graf

Patrick Graf

  • Rechtsanwalt
  • Dipl. Volkswirt

Miterbinnen und Miterben sollten sich frühestmöglich, jedenfalls vor der teilweisen Verteilung von Vermögen aus dem Nachlass, anwaltlich beraten lassen, um später Überraschungen zu vermeiden.

Erbengemeinschaften entstehen oft unbeabsichtigt. Für den Gesetzgeber sind dies „Gemeinschaften auf Zeit“. Den Miterbinnen und Miterben steht jederzeit das Recht auf Auseinandersetzung des gesamten Nachlasses zu. Eine teilweise Auseinandersetzung kann dagegen – aus gutem Grund – nicht verlangt werden.

Nach dem Erbfall wird oft damit begonnen Teile des Nachlasses zu verteilen. Dies sollte jedoch nur nach vorheriger Beratung erfolgen.

Neben zivilrechtlichen Aspekten (dazu der Beitrag von Rechtsanwalt Gebauer) können eine Vielzahl unerwarteter Nachteile entstehen. Nachfolgend einige Beispiele aus dem Steuerrecht:

Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG)
Informationsblätter der Nachlassgerichte weisen darauf hin, dass die Grundbuchberichtigung nach einem Erbfall innerhalb von zwei Jahren gebührenfrei ist. Sind sich die Beteiligten über die Erbquoten einig, dann sollen die Grundbücher geerbter Immobilien oft dadurch „berichtigt“ werden, dass diese Erbquoten ein-getragen werden, schließlich sollen ja Kosten gespart werden.

Ergibt sich später, dass Immobilien einzelnen Personen zugewiesen werden oder einzelne Mitglieder der Erbengemeinschaft die Immobilie gegen Ausgleichszahlung erhalten sollen, dann kommt hierfür die Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 3 S. 1 GrEStG nicht in Betracht. Danach wäre der „Erwerb eines zum Nachlass gehörigen Grundstücks durch Miterben zur Teilung des Nachlasses“ von der Besteuerung ausgenommen. Wenn nun aber bereits die Grundstücke berichtigt wurden, kann diese Steuerbefreiung nicht mehr genutzt werden.

Einkommensteuergesetz (EStG)
Möglicherweise hatte die verstorbene Person Verbindlichkeiten gegenüber einer Bank oder sonstige Schulden. Hinzu kommen Kosten der Beerdigung. Für die Erbinnen und Erben ist es naheliegend, geerbtes Bankvermögen zur Begleichung dieser Schulden zu verwenden. Wollen einzelne Miterben nach Begleichung der Schulden und Erfüllung der Verbindlichkeiten eine Immobilie allein übernehmen, dann müssen sie regelmäßig aus dem Privatvermögen einen Ausgleich an die anderen Miterben zahlen. Die Zahlung aus Privatvermögen führt aber dazu, dass die Immobilie nicht mehr durch Erbteilung sondern durch „Kauf“ erworben wird – mit der Folge, dass ein vermeidbarer, steuerpflichtigter Veräußerungserlös nach § 23 EStG entstehen kann. Befindet sich gar ein Betrieb im Nachlass, ist das Risiko eines steuerpflichtigen Veräußerungserlöses noch größer.

  • Der gute Rat: Die teilweise Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft durch Verteilung von Bankvermögen, aber auch die Begleichung von Schulden, sollte nur nach eingehender Beratung erfolgen. Denn beides lässt sich für eine steuerneutrale Vermögensaufteilung nutzen.
  • Für Testierende gilt es zu wissen, dass eine Gleichberechtigung der Angehörigen auch durch kluge Vermächtnisanordnungen erreicht werden kann.