Rechtsanwalt Dr. Achim Nolte

Dr. Achim Nolte

  • Rechtsanwalt
  • Fachanwalt für Erbrecht
  • zert. Testaments-
    vollstrecker (AGT)
  • zert. Mediator

Können zwei von Eheleuten separat verfasste Testamente auch als „Gemeinschaftliches Testament“ ansehen werden?

Das deutsche Erbrecht sieht die Möglichkeit vor, dass Ehegatten ein gemeinschaftliches Testament errichten (§ 2265 BGB), wobei in formaler Hinsicht genügt, dass ein Ehepartner das Testament formgültig errichtet und der andere diese Erklärung selbst mitunterzeichnet. Es kommt aber immer mal vor, dass Ehegatten auf getrennten Blättern handschriftliche Einzeltestamente verfassen und trotzdem möchten, dass diese inhaltlich als miteinander verknüpft angesehen werden. In solchen Fällen wird fraglich, ob wirksam ein „gemeinschaftliches“ Testament errichtet wurde.

Diese Frage ist v.a. deshalb so wichtig, da nur gemeinschaftliche Testamente „wechselbezüglich“ sein können. D.h. der eine testiert nur deshalb in einer bestimmten Weise, weil der andere ebenfalls sich in einer für den anderen wichtigen Frage fest-legt. Bestes Beispiel ist bei „Berliner Testamenten“ die gegenseitige Erbeinsetzung der Ehegatten un-tereinander, weil beide darauf vertrauen, dass die Schlusserbeinsetzung der gemeinsamen Kinder nach dem Tod des Erstversterbenden nicht mehr verändert werden soll (sog. Bindungswirkung; so-fern im Testament nichts anderes bestimmt sein sollte).

Liegen separate Testamente vor, hat die Rechtsprechung anhand einzelner Umstände des Einzelfalles im Wege der Auslegung gemeinschaftliche Verfügungen angenommen: Ein sehr starkes Indiz für die Gemeinschaftlichkeit ist die gegenseitige Bezugnahme oder Verwendung von Pluralformen („wir“ oder gemeinsam“); auch wenn von „beiderseitigem Nachlass“ die Rede sein sollte. Die Gemeinschaftlichkeit der einzelnen Testamentsurkunden setzt nicht voraus, dass beide zeitgleich abgefasst wurden. Nötig ist aber ein „Verknüpfungswille“, der auch erst viele Jahre später (aber in jedem Fall noch lebzeitig) entstehen kann.

Empfehlenswert ist ein solches Vorgehen mithin aber nicht. Bei Testamentserrichtung sollten alle unnötigen Rechtsunsicherheiten vermieden werden.