Rechtsanwalt Dr. Achim Nolte

Dr. Achim Nolte

  • Rechtsanwalt
  • Fachanwalt für Erbrecht
  • zert. Testaments-
    vollstrecker (AGT)
  • zert. Mediator

Testamente müssen zwingend komplett handschriftlich oder durch einen Notar errichtet werden. Bei durch rechtliche Laien errichteten handschriftlichen Testamenten kommt es häufig zu Auslegungsproblemen, weil etwa rechtliche Begriffe verwendet werden, denen ein Laie andere Bedeutungen als ein Rechtskundiger beimisst. Sollten nach dem Tod Unklarheiten auftreten, ist zunächst der wirkliche Wille des Testierenden herauszufinden. Das Testament muss „ausgelegt“ werden, wobei für jede Auslegung wenigstens andeutungsweise ein Anhaltspunkt im Testament enthalten sein muss.

Zunächst muss allerdings immer erst einmal festgestellt werden, ob der Verfasser überhaupt (schon) ein Testament errichten wollte oder ob ggf. nur ein Entwurf vorliegt.

Einen solchen Fall hatte das Oberlandesgericht Hamm (Az.: 10 W 153/15) zu entscheiden:

Nachdem zunächst ein Erbschein gemäß gesetzlicher Erbfolge erlassen worden war, reichte ein Enkel der Verstorbenen zwei Zettel beim Nachlassgericht ein, die dieser für wirksam errichtete und eindeutige Testamente hielt.

Auf dem ersten 8 x 10 cm großen mit der Hand ausgeschnittenen Zettel stand:

Tesemt

                                Haus

Das für J

Auf dem Zettel war die Jahreszahl 1986 vermerkt und nur mit dem Schriftzug „N“ mit einem, nicht sicher lesbaren, weiteren vorangestellten Buchstaben versehen.

Bei dem zweiten Schriftstück handelte es sich um ein mehrfach gefaltetes Butterbrotpapier, auf dem sich die gleichen Worte, allerdings in leicht abgewandelter Anordnung, befanden.

Das OLG Hamm entschied mit Beschluss vom 27.11.2015, dass die beiden hereingereichten Dokumenten keine Testamente darstellten. Dem Gericht waren Zweifel geblieben, ob die Erblasserin mit diesen rudimentären Wörtern überhaupt ein Testament errichten wollte; also ob sie schon einen endgültigen Testierwillen hatte. Das Gericht hatte nämlich durch Zeugen ermittelt, dass die Erblasserin der deutschen Sprache mächtig war und sich in ganzen Sätzen auszudrücken pflegte. Und so schloss das Gericht nicht zuletzt auch aus dem ungewöhnlichen Schreibmaterial (Butterbrotpapier) sowie dem ungewöhnlichen Aufbewahrungsort (Schatulle zusammen mit anderen wichtigen und unwichtigen Unterlagen), dass die Verfasserin kein Testament errichten wollte.

Bei handschriftlichen Testamenten muss klar zum Ausdruck kommen, dass Testierwille vorliegt. Daher sollte das Schriftstück mit „Testament“ oder „Mein letzter Wille“ überschrieben werden und in ganzen Sätzen den Willen des Erblassers möglichst eindeutig zum Ausdruck bringen. Neben Ort und Datum sollte mit vollständigem Namen unterschrieben werden.

Ein selbst errichtetes Testament sollte von einem Rechtsanwalt/Notar wenigstens gegenlesen werden und dann beim Nachlassgericht in die amtliche Verwahrung gegeben werden. 230,- € für eine Erstberatung beim Anwalt und 70,- € für die Hinterlegung sollte einem der letzte Wille wert sein…