Rechtsanwalt Dr. Achim Nolte

Dr. Achim Nolte

  • Rechtsanwalt
  • Fachanwalt für Erbrecht
  • zert. Testaments-
    vollstrecker (AGT)
  • zert. Mediator

Anders als in anderen Ländern gibt es in Deutschland den sog. Erbschein, der vom Nachlassgericht ausgestellt wird. Derzeit ist in Baden immer noch als Nachlassgericht das staatliche Notariat zuständig. Ist erstmal ein Erbschein erteilt, dürfen sich alle, denen der Erbschein vorgelegt wird, darauf verlassen, dass die dort genannte Person tatsächlich der Erbe ist. Verkauft ein Erbe unter Vorlage eines Erbscheins eine Immobilie, erwirbt der Käufer in jedem Fall rechtswirksam (gutgläubiger Erwerb): Sollte sich später einmal herausstellen, dass der Erbschein unrichtig ist, bleibt der Verkauf trotzdem wirksam.

Nun gibt es neben dem Nachlassgericht aber auch die Möglichkeit, beim Landgericht feststellen zu lassen, dass man Erbe geworden ist. Daher stellt sich immer wieder die Frage, ob etwa das Landgericht an die Feststellung des Nachlassgerichts bzw. umgekehrt das Nachlassgericht an die Feststellung des Landgerichts gebunden ist. In einem aktuellen Beschluss vom 08.03.2016 hat nun das OLG München (Az.: 31 Wx 386/15) entschieden, dass das Nachlassgericht von einem landgerichtlichen Feststellungsurteil über die Erbfolge nicht abweichen darf, sondern an die dort getroffene Entscheidung des Landgerichts bei der Erbscheinserteilung gebunden ist. Diese Entscheidung wird dazu führen, dass das Nachlassgericht immer dann das eigene nachlassgerichtliche Verfahren solange aussetzen (d.h. unterbrechen) wird, bis das Landgericht seine Entscheidung getroffen hat.

In Fällen, in denen mehrere Personen behaupten, sie seien Erbe geworden, bietet es sich an, zunächst beim Landgericht eine Feststellungklage zu erheben. Gerade bei uns in Baden dauern komplizierte Erbscheinsverfahren bei den teilweise überlasteten staatl. Notariaten extrem lang, sodass in komplexen Konstellationen zunehmend an ein landgerichtliches Feststellungsverfahren gedacht werden sollte. Eine anwaltliche Beratung ist in jedem Fall empfehlenswert; wird Klage vor dem Landgericht erhoben, muss ohnehin ein Anwalt tätig werden, da dort (anders als beim Nachlassgericht) Anwaltszwang herrscht.