Um neue Vertriebswege zu erschließen, werden Hörbücher – und auch die neuerdings auf den Markt drängenden e-Books – auch online zum Download angeboten. Der Käufer kommt so einfach und schnell in den Genuss des „Buches“. Alle Anbieter solcher Online-Medien verbieten den Käufern in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen jedoch, die heruntergeladenen Dateien an Dritte weiterzugeben, sodass auch ein Weiterschenken oder Weiterverkaufen nur mit Erlaubnis des Verlags zulässig wäre. Die Verlage versuchen so, die leicht kopierbaren Online-Medien vor weiterer – kostenfreier – Verbreitung rechtlich zu schützen.
Eine Klage eines Verbraucherverbands gegen solche Klauseln wies das OLG Stuttgart rechtskräftig ab: Ein Weitergabeverbot widerspreche nicht grundsätzlichen Wertungen des Kaufrechts, welches dem Käufer uneingeschränkte Verfügungsmacht über den gekauften Gegenstand zubillige. Wegen des urheberrechtlichen Schutzes des Hörbuches – und auch des e-Books – stünden dem Erwerber nämlich nur diejenigen Rechte zu, welche sich aus der vertraglich eingeräumten Lizenz ergäben. Auch der im Urheberrecht verankerte Erschöpfungsgrundsatz (§ 17 Abs. 2 UrhG) könne zu keiner anderen Wertung führen, da Erschöpfung der Rechte des Urhebers bzw. Verlags nur an körperlichen Vervielfältigungsstücken, nicht aber an online in den Verkehr gelangten Werken eintreten würde (OLG Stuttgart, Az. 2 U 49/11, Urt. v. 03.11.2011).
Die deutsche Rechtsprechung billigt somit die Bestrebungen der Verlage, die leicht zu kopierenden und somit für Piraterie besonders anfälligen Hörbücher und e-Books besonders zu schützen. Will man somit ein per Download erworbenes Hörbuch oder e-Books weitergeben, bleibt wohl nur der Weg, das „Buch“ herunterzuladen und dieses zusammen mit dem beim Download verwendeten Speichermedium (z. B. dem genutzten Laptop oder e-Book-Reader) weiterzuschenken. Schon das Herunterladen auf den eigenen Laptop und anschließende Speichern auf einem weiteren Datenträger stellt vor dem Hintergrund der AGB-Regelungen der Verlage ein unzulässiges Kopieren dar – selbst wenn die Datei auf dem Laptop des Schenkers anschließend wieder gelöscht wird.
Die deutschen Gerichte versuchen wohl zu verhindern, dass – wie schon bei Software und MP3-Formaten – ein die Verwerter und Urheber besonders schädigender Zweitmarkt von Gebrauchtformaten auch für Hörbücher und e-Books entsteht. Es bleibt jedoch abzuwarten, ob dieses Ansinnen Bestand haben wird: Zur praktisch identisch gelagerten Situation beim Verkauf „gebrauchter“ Software hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) jüngst entschieden, dass ein Weiterverkauf gebrauchter Software auch als Download zulässig ist (Az. C-128/11, Urt. v. 03.07.2012; siehe obiger Bericht). Diese Entscheidung wird auch Auswirkungen auf die Rechtslage bei Hörbüchern und e-Books haben.