Rechtsanwalt Jonathan Gebauer

Jonathan Gebauer

  • Rechtsanwalt
  • zert. Mediator

Der BGH hat durch Urteil vom 12.07.2018 (Aktenzeichen III ZR 183/17) entschieden, dass Nutzerkonten von sozialen Netzwerken wie Facebook beim Tod des Kontoinhabers auf die Erben übergehen.

Nach deutschem Recht geht das Vermögen einer Person im Todesfall als Ganzes auf deren Erben über. Von dieser so genannten Universalsukzession sind nicht nur Bargeld oder Immobilien sondern auch Ansprüche aus schuldrechtlichen Verträgen wie beispielsweise Rückzahlungsansprüche aus Darlehensverträgen umfasst. Umstritten war bisher, ob auch Nutzungsverträge mit sozialen Netzwerken (wie Facebook) auf die Erben übergehen.

Der BGH hat entschieden, dass solche Online-Nutzungsverträge und auch die damit verbundenen Benutzerkonten sowie die in diesen Konten gespeicherten Kommunikationsinhalte der regulären Erbfolge unterliegen. Weder das postmortale Persönlichkeitsrecht des Verstorbenen, noch das Fernmeldegeheimnis, datenschutzrechtliche Regelungen oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Kommunikationspartner stehen dem entgegen. Der BGH betont, dass Nutzerkonten keinen höchstpersönlichen Charakter haben. Hierbei zieht der BGH Parallelen zur klassischen Briefpost die im Nachlass aufgefunden wird und bei der der Eigentumsübergang auf die Erben rechtlich anerkannt ist.

Dieser Grundsatz dürfte auf andere Nutzerkonten (z.B. bei E-Mail-Anbietern, Internetforen, Berufsnetzwerken, Twitter oder Instagram) übertragbar sein. Selbst bei Google-Accounts oder Apple iClouds ist ein Übergang auf die Erben erwartbar. All diesen Nutzerkonten ist gemein, dass in ihnen Daten (z.B. Nachrichten und Bilder) gespeichert sind, auf welche später die Erben Zugriff haben können.
Wer nicht will, dass den Erben höchst intime Details des eigenen Lebens bekannt werden oder wer sicherstellen will, dass die Erben auf manche digitale Inhalte auf jeden Fall Zugriff haben (z.B. weil diese wie PayPal-Konten geldwert sind), muss Vorsorge treffen. Dabei stellen sich mehrere, voneinander unabhängige Fragen:

  • Wie stelle ich sicher, dass meine Erben überhaupt wissen, welche Nutzerkonten und digitalen Inhalte ich besitze?
  • Wer soll nach meinem Tod welche Nutzerkonten bzw. digitalen Inhalte erhalten?
  • Ist bereits direkt nach meinem Tod ein Zugriff auf manche digitalen Inhalte oder Nutzerkonten erforderlich?
  • Wie gewährleiste ich, dass Benutzernamen und Passwörter (nur) diejenigen Personen erhalten, die diese auch nutzen sollen?
  • Gibt es Nutzerkonten oder digitale Inhalte auf die niemand oder zumindest manche Personen keinen Zugriff erhalten sollen?

Je nach Einzelfall können die eigenen Wünsche durch Notfallakten, letztwillige Verfügungen, Anordnung einer Testamentsvollstreckung oder Vorsorgevollmachten verwirklicht werden.

Grundsätzlich gehen alle Online-Nutzerkonten auf die Erben über. Wer bei diesem Rechtsübergang differenzieren oder den Zugriff auf bestimmte Konten verhindern möchte, kann und sollte die bestehenden Gestaltungsmöglichkeiten nutzen und sich bei Bedarf anwaltlich beraten lassen.